Alle lieben Pizza, doch keiner hat Lust zu backen: Wir zeigen, wie es super einfach geht!

2023-02-16 16:07:04 By : Ms. Louise Zheng

Rezept der Woche: Pizza ist das Lieblingsessen der Deutschen. Wer hat Lust, zu Hause eine ganz ohne Pizzastein zu backen? Wir zeigen, wie es geht und wo es in Berlin die beste Pizza gibt. 

Die Deutschen liebe ihre Pizza. Fragt man Kinder nach ihrem Lieblingsessen, rufen fast alle: Pizza! Ein paar lieben Pommes Frites mehr, aber das sind nicht viele. In Rankings liegt meist die Pizza vorn. Sowieso kennen sich die Deutschen mit richtigem italienischen Essen inzwischen besser aus. Jeder Berliner hat seine Lieblingspizzeria und seinen Lieblingsitaliener.

Aber fragen Sie mal nach einem Wirtshaus in Berlin, das einen guten Schweinebraten macht, oder eine schöne Sülze oder leckere Königsberger Klopse. Davon gibt es viel weniger als Italiener. Schade eigentlich.

Zurück zu unserer Pizza. Der Ursprung dieser weltweit verbreiteten Speise liegt, das wissen nun mittlerweile die meisten, in Neapel. Diese unglaubliche Stadt, die übrigens noch älter ist als Rom, hat eine noch unglaublichere Geschichte und ist nicht umsonst seit 1995 Unesco-Weltkulturerbe.

Gegründet durch die Griechen als Neapolis, also Neustadt, ist die Geschichte der Stadt stark geprägt durch wechselnde Herrschaften, einen rasanten Aufstieg und Fall, stetigen Wandel und immerwährende Problematiken. Stichwörter: Mafia und Maradona.

So verrückt wie das klingt, fühlt sich das wuselige Stadtleben der kampanischen Hauptstadt an, wenn man das erste Mal dort ist. Aber dann versteht man es irgendwie, aber halt auch nur irgendwie. Neben knatternden Motorinos (Motorrollern) und Apes (oder Apen, wie heißen die Piaggio-Dreiräder mit der Ladefläche im Plural? Egal.), heftig gestikulierenden lauten Menschen, trocknender Wäsche, Sfogliatelle, Espresso und Pasta ist natürlich die Pizza in Neapel omnipräsent.

Bereits im 16. Jahrhundert hatte Neapel gewaltige Ausmaße und bereits mehr als 30 Pizzaioli, also Pizzabäcker. Im 18. Jahrhundert war Neapel die drittgrößte Stadt der Welt, nach London und Paris. Die heute vielfach baufällige Metropole war völlig überbevölkert, und die Einwohner, vor allem die Lazzaroni (die Arbeiterklasse), benötigten schnelles und günstiges Essen während der kurzen Arbeitspausen.

Die Pizzaioli und ihre Art des Pizzamachens, seit 2017 übrigens auch immaterielles Unesco-Kulturerbe, waren da zur rechten Zeit am rechten Ort. Man kann hier also behaupten, dass die Pizza ursprünglich ein Street Food war, wie wir es heute sagen würden. Aus dem, was man im Überfluss hatte, und dem, was die Natur kostenfrei hergab, machte man halt etwas. Aus Wasser, Mehl, Tomaten, etwas Knoblauch, frischen Kräutern und kleinen Fischen, für die sich sonst niemand interessierte, sowie aus Glut und Feuer entstand also irgendwie die Pizza.

Sie ist quasi eine Innovation der Focaccia, deren Ursprünge im Altertum liegen. Bei den Römern hieß diese panis focacius, also „in der Asche gebackenes Brot“, und war die günstigere Variante zum panis furnacius, dem im Ofen gebackenen Brot, das vor allem Bäckereien herstellten. Es trafen in Neapel also Notwendigkeit und Innovation von Altbewährtem zusammen, und bereits im Jahr 1889 war die Pizza dann so populär, dass der Pizzaiolo Raffaele Esposito anlässlich des Besuchs von König Umberto I und seiner Frau Margarethe in Neapel eine Pizza entwarf, welche er in den Farben der jungen Nation gestaltete.

Offensichtlich hatten mittlerweile also bereits hochwertige Zutaten wie der Mozzarella di Bufala Campana ihren Weg auf die Pizza gefunden. Die Margherita mit Tomate, Mozzarella (oder Fior di Latte), geriebenem Hartkäse (oft Pecorino Romano) und Basilikum ist neben der Marinara mit Tomate, Knoblauch und Oregano der Klassiker. Daneben gibt es noch simple Varianten mit Anchovies und Muscheln (dann natürlich ohne Käse), aber viel mehr war dort erstmal nicht.

In Italien verbreitete sich die Pizza zuerst schleppend, dennoch etablierten sich Varianten wie die berühmte Calzone, die Capricciosa und die Quattro Stagioni, welche selbst eine Familie aus Bielefeld namens Oetker begeisterten, welcher sie kurzerhand als Tiefkühlprodukt erfanden und auf den Markt warfen. Und das sei gesagt: Manchmal ist eine schöne Dr.-Oetker-Ristorante doch gar nicht so schlecht, oder?

Mit der Immigration zahlreicher Neapolitaner in die USA erhielt also nicht nur die sagenumwobene Mafia aus den Büchern von Mario Puzo und den Filmen von Francis Ford Coppola Einzug in den jungen Staat, nein, die Arbeiter hatten auch ihr heimisches Essen im Gepäck. Und so entwickelten sich unter anderem Sandwiches, Burger, Hot Dogs und Pizza, die nun, Jahrzehnte später, von vielen Unwissenden gefeiert als The American Way of Life nach Europa reimportiert werden.

Erinnern Sie sich noch an die Imbisspizzen vom Lieferdienst der 80er- und 90er-Jahre? Da war kein Mozzarella auf der Pizza, sondern Edamer oder Gouda. Manchmal finde ich, so eine Pizza ist auch was ganz Köstliches. Zum Beispiel die kleinen Pizza-Karrees von Ali Baba in der Bleibtreustraße. Belegt mit Salami und kalten Pfefferoni. Die sind günstig und schmecken nach alten Bundesländern 1989.

Und dann, wann war das, 2006? Als es plötzlich in Mode kam, eine Margherita nach dem Backen mit Unmengen Rucola und Parmaschinken und Parmesansplittern zu belegen. Und dann kam die Zeit, in der die Pizza nicht mehr richtig rund sein durfte, sondern das Handwerk wieder erkennbar sein sollte. Damals galt: je dünner und knuspriger, desto besser.

Aus Pizza Napoletana wurde in den USA ganz schnell mal Neapolitan Style Pizza. Und weil ganz toll und mega trendy drüben bei den Cowboys in New York und Los Angeles, fuhren junge Gastronomen dann wie verrückt nach Neapel, und jetzt ist die fluffige Pizza auch bei uns angesagt. Mit einem Schmunzeln kann man heute beobachten, wie „Neapolitan Style Pizza“ als der neueste Trend aus den USA in Berlin gefeiert wird. Sie kennen wahrscheinlich die ganzen Läden wie Standard, Gazzo, Zola und so weiter. Da kostet eine Pizza schon mal 18 Euro (geile Marge!), und so richtig wie in Neapel kriegen sie das alle dann doch nicht hin. Mal ist der Teig zu zäh, mal ist alles labberig, oder floppy, wie die Amerikaner dazu sagen würden.

Das passt zum generellen Italo-Pop-Hype. Doch wie jeder Hype wird sich das wahrscheinlich nicht lange halten, und wir essen bald wieder Imbisspizzen mit Gouda. Mode, Musik, Kunst, ist nicht alles heutzutage nur noch Retro?

Dabei haben die USA uns viel bessere Pizzen geschenkt. Und damit meine ich nicht die American-Style-Tiefkühlpizzen der frühen 2000er von Dr. Oetker, sondern handwerklich fabelhaft gemachte Glücksräder wie die super käsige Pizza von Giordano's in Chicago, die Tie Die Rony Pie Pizza bei Rubirosa in New York oder die Kimchi-Pizza von Ann Kim aus Minneapolis. Man muss da offen sein, alles ist erlaubt.

Natürlich nicht in Neapel, denn dort ist die Pizza mittlerweile geschützt, und man kann nicht einfach behaupten, man würde Pizza Napoletana machen, aber grundsätzlich ist nix verboten. Mein Geheimtipp für die beste Pizza in Berlin sind zum Beispiel die New York Slices von Magic John's in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte. Extra knusprig, extra greasy, wie der Amerikaner sagen würde. Bestes Kateressen.

Die Liebe und Hingabe der Italiener zu ihren Speisen bewundere ich selber ja sehr, wo sonst sprechen Menschen nahezu lyrisch über das Pizzabacken, über den Holzofen, der natürlich nur mit Buchenholz geheizt werden darf und um die 485 Grad heiß sein soll, über die Einheit vom Ofen und dem Bäcker als Pizzaiolo und dem Parfüm des frischen Basilikums, der sich beim Backvorgang samtweich über die Pizza legt. Mein lieber Herr Gesangsverein, das ist wirklich Weltkulturerbe!

Gute Pizza gibt es aber überall, eine der besten habe ich tatsächlich im Restaurant Beast in Kopenhagen gegessen. Dort werden lokale Rohstoffe zu italienischen Lebensmitteln verarbeitet, und meine Margherita mit Teig aus dänischem Mehl und Wasser, dänischer Mozzarella, dänischer Tomatensauce und italienischem Olivenöl war die beste, die ich (bis jetzt) hatte.

Das Problem, man will zu Hause auch dampfend heiße und knusprige Pizza essen. Die aus der Pappe schmeckt, aber frisch ist Pizza am besten. Aber einen Teig machen oder mit dem Pizzastein zu arbeiten, nervt. Ich mache trotzdem Pizza. Weil ich weiß, wie es kinderleicht geht.

Gelegentlich hab ich Zugriff auf einen Holzofen, den ich dann mit spanischer Steineiche einheize. Darin backe ich dann bei mir völlig unbekannten Temperaturen Pizzen (manchmal mache ich das auch einfach im Elektroherd, geht auch) ganz nach meinem Gusto. Mit Fenchelsalami und Scarmorza, Lammhack und Ayvar oder Frischkäse, Ei und Trüffelpaste. Den Teig? Ich finde immer irgendwas im Internet und mache ihn einfach am Vortag.

Fermentation und so, Sie wissen schon. Zu Hause mische ich auch dann immer einfach irgendwie Teig zusammen, aus Wasser, Mehl und Hefe. Irgendwo findet sich Tomatensauce, irgendein Käse und frische Kräuter habe ich sowieso immer da. Den Ofen mach ich dann so heiß, wie er kann, Pizzastein oder sowas hab ich nicht. Und brauch ich auch nicht. Finde ich Quatsch und Geldmacherei von den Firmen. Und das können Sie auch. Machen Sie es also doch einfach mal so, wie es Ihnen in den Sinn kommt, wer weiß, vielleicht wird daraus etwas Neues geboren.

Zutaten (für 2-3 Pizzen): 500 g Mehl (Typ 405 oder 550, gerne auch italienisches 00-Mehl oder Pizzamehl, etwas Mehl zum Arbeiten, 300 g lauwarmes Wasser (das aus dem Hahn ist ganz gut dafür), 1 Würfel frische Hefe (das ganze Ding rein da), 1 EL Zucker, 1 TL Salz

Zubereitung: Alles 5 Minuten schnell kneten und dann 10 Minuten langsam weiterkneten, bis sich der Teig gut vom Topfrand löst. Abdecken und an einem warmen Ort mindestens 30 Minuten stehen lassen. Machen Sie 2–3 Bälle daraus und wirken Sie diese rund. Wie? Im Internet gucken. Durch das Rundwirken entwickelt der Teig Spannung und geht später schön auf.

Wollen Sie das gar nicht und lieben dünne, knusprige Pizza, dann vergessen Sie den Schritt einfach. Nun nach Herzenswunsch belegen. Achtung: Nicht zu viel Tomatensoße (ich nehme einfach Polpa von Mutti mit Salz gewürzt), sonst wird es matschig. Alles im Ofen bei voller Temperatur backen. Wie lange? Bis sie fertig ist, die Pizza.

Und wie belegen Sie jetzt die Pizza? Na so, wie es Ihnen gefällt. Ich habe eine neue Lieblingsvariante:

Zutaten: Zutaten für Pizzateig, ein paar festkochende Kartoffeln, Stracchino-Käse oder cremiger Ricotta, Knoblauch, Olivenöl

Zubereitung: Hobeln Sie die Kartoffeln mit Schale in hauchdünne Scheiben. Dann übergießen Sie alles mit kochendem Wasser. Danach abtropfen und trockentupfen. Jetzt machen Sie das Knoblauchöl. Pressen Sie Knoblauch aus und verrühren Sie es mit Olivenöl und etwas Salz oder pürieren Knoblauchzehen in Öl. Fertig!

Jetzt nur noch belegen (keine Tomatensoße!): Stracchino oder Ricotta auf den Teig, Kartoffelscheiben drüber und mit Knoblauchöl vor und nach dem Backen großzügig beträufeln. Saulecker!

Und jetzt haben wir noch einen Aufruf an Sie, unsere Leser! Welches ist die beste Pizzeria der Stadt und warum? Schreiben Sie uns, wir freuen uns auf Ihr Feedback: briefe@berliner-zeitung.de

Felix Hanika war zunächst Investmentbanker, dann absolvierte er im Hotel & Restaurant Bareiss im Schwarzwald eine Kochlehre. Acht Jahre lang kochte er in den besten Restaurants der Welt. In der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung veröffentlicht er regelmäßig seine Lieblingsrezepte.